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Chris Griesshaber

Reichsprogromnacht am 9. November1938 - Nahostkonflikt II/6

Aktualisiert: 11. Apr.


Der Tag der Erinnerung an den 9. November 1938 wird überlagert von den Medienberichten über das furchtbare Massaker der Hamas in Israel und über den Einsatz der israelischen Armee Israels im Gazastreifen, um die Geiseln zu befreien und die Hamas zu "vernichten".

Gleichzeitig kommt seit dem 7. November zu antisemitischen Angriffe auf Gebäude, Einrichtungen und sogar Menschen" in unserem Land. (2). In Deutschland und in vielen anderen Ländern kommt es immer wieder zu zu pro-palästinensischen Protesten und Demonstrationen, teilweise auf gewaltig. Es habe Freudenkundgebungen in Neu Köln, Brandanschlag auf eine Synagoge, Davidsterne an Hauswänden geschmiert. [ Nie Wieder ist Jetzt, ZEIT ONLINE v. 8. November 2023]

So kam, laut dem Deutschlandfunk, anlässlich einer Kundgebung in Berlin zu keiner eindeutigen Verurteilung des Massakers. Eine Aktivistin, so Kermani, sagte dem Reporter des Deutschlandfunks, dass "Palästinenser "entmenschlicht" würden und für sie "die Macht von Narrativen und Fragen der Dekolonisation" im Vordergrund stünden, deshalb demonstriere sie mit". Wer entmenschlicht Menschen, Israel oder die Hamas, die sich nicht schert um das Schicksal der Bevölkerungen, wie Kommentatoren immer wieder sagen? Deshalb ist es wichtig sich gerade an die Ausschreitungen zu erinnern. (3)

"Mit Recht kritisieret der Zentralrat der Juden die Judenfeindlichkeit auf Deutschland Straßen. "Es habe Jüdinnen und Juden nach dem Angriff der radikalislamischen Hamas auf Israel "erschüttert, dass auch in Deutschland so viele Menschen für Judenhass und Israelfeindlichkeit empfänglich sind", so der Zentralrat Josef Schuster. [Zentralrat zeigt sich "erschüttert über Judenhass in Deutschland" , ZEIT ONLINE v. 9. November 2023


Navid Kermani veröffentliche den Beitrag (Das Schweigen vor dem ABER) zum Thema "Nahostkonflikt uind den Antisemitismus in Deutschland. Er befürchte, dass die brutalen Massaker der Hamas an Israelis aus dem Bewusstsein verschwunden seien. "Über tausendvierhundert Menschen sind innerhalb weniger Stunden ermordet worden. Mütter wurden vor den Augen ihrer Kinder vergewaltigt, junge Frauen ausgezogen und durch eine johlende Männermenge getrieben". Mit diesen Worten möchte er daran erinnern. (2) Die Konsequenz des Eingreifens seien die weltweiten Proteste gegen Israel auf der ganzen Welt, aktuell auch in Belgien [Israel? „Ein Schurkenstaat!“ FAZ v. 10.11.2023] In Deutschland sei die Solidarität mit Israel geradezu kümmerlich ausgefallen. (4)

Ich hatte mich schon am 7. Oktober gefragt, wo die Empörung geblieben sei, als Russlands Armee Kriegsverbrechen an der ukrainische Bevölkerungen begangen habe, Schulen und Krankenhäuser bombardierte und z.B. Kinder nach Russland entführten. Das fragt sich auch Kermani mit Recht.

Immer wieder wird die Frage gestellt, inwieweit wir Deutsche Israels Politik kritisieren dürften. Israel habe ein Recht aus Selbstverteidigung, heißt es immer wieder. Natürlich leide ich persönlich mit den Menschen in Israel, die Familienmitglieder verloren haben, die auch nicht wissen, ob die Geiseln noch leben. Aber ebenso bedrückt mich das Leid der Menschen in Gaza, die diesen Angriffen ausgesetzt sind Israel rechtfertige den massiven Militäreinsatz, dass die Hamas sich hinter sich in Wohngebieten, Schulen, Kindergärten Moscheen und Kirchen verschanzt Viele Kommentatoren hatten darüber gesprochen. (5) ""Neben den 240 entführten Israelis hat die Hamas auch die Bevölkerung Gazas als Geisel genommen. Aber würde man ein Haus, das in der Gewalt von Entführern ist, ohne Rücksicht auf die Geiseln bombardieren?". (6) Man dürfe Israel durchaus kritisieren, auch weil es in Israel Stimmen gebe, die Zweifel am Vorgehen der Armee äußern. Man dürfe auch die Besatzung, die Siedlungspolitik, die Radikalisierung innerhalb der Politik, kritisieren - Kermani erinnert an die Feiern anlässlich des Mordes an Izchak Rabin - und ebenso kann ebenso auf die Radikalisierung der Palästinenser hinweisen und die immer größere Verzweiflung hinweisen, auch sich die autoritärsten arabischen Staaten Aussöhnung mit Israel anstreben, dabei aber über die Palästinafrage hinweggingen. Man dürfe die Hamas verurteilen, und ebenso "offensichtliche Kriegsverbrechen Israels kritisieren. Aber leider positioniere sich die Palästina-Bewegung jedenfalls auf deutschen Straßen "so dumpf, einseitig und teils eben auch antisemitisch, dass sie – und genau sie – die Israel-Kritik beinah unmöglich macht". ABER nun falle es ihm schwer, so Kermani, den israelischen Militärdienst zu kritisieren.

"Doch, genau jetzt die richtige Zeit, um über Frieden zu reden"


In diesem Zusammenhang verweist Kermani auf Rede Robert Habecks, einen Satz sagt, den er für "grundverkehrt und politisch als fatal "hält. "Es ist jetzt nicht die Zeit, über Frieden zu reden", sagte Habeck. Wann, wenn nicht jetzt? "Doch, genau jetzt ist die Zeit, über Frieden zu reden, allerspätestens im Krieg, nachdem es die Welt über Jahre versäumt hat, auf eine Lösung des Nahostkonflikts hinzuwirken, als löse der sich in Luft auf, wenn man nur die Augen verschließt". Was wäre die Alternative? US-Außenminister Blinken warne nach dem Krieg werde es keinen Partner für den Frieden mehr geben, "wenn die palästinensische Bevölkerung "von der

humanitären Katastrophe verzehrt" und "entfremdet durch die wahrgenommene

Gleichgültigkeit gegenüber ihrer Not" sei": (ebd.) Die Hamas würde triumphieren, die genau darauf spekuliere. Andererseits "wäre es die größte Niederlage für die Mörder, wenn unter Palästinensern wie Israelis ausgerechnet im größtmöglichen Schrecken die Einsicht keimen würde,

dass die bisherige Politik rundherum versagt hat".


Wie kann das gelingen? Vielleicht sei es zu viel erwartet, wenn Palästinenser Mitgefühl mit Israelis haben sollten. Auch Israelis würde es schwer fallen so, sagt Kermani, mit Menschen im Gazastreifen mitzufühlen. Aber diese Menschen müssten seit Jahren unter kriegsähnlichen Bedingungen leben ."Aber gut versorgt im sicheren Deutschland, sollte jedem das Mitgefühl für die Opfer gleich welcher Seite möglich sein". Es gehe darum sich einen Augenblick wenigstens versuchen den Gegner als Mensch zu sehen, "der um seine Nächsten weint. Wo man sich schämt, wenn in Deutschland an die Häuser von Juden ein Davidstern gesprüht wird" , so der Autor (6)

Und besonders an diesem Tag sei erneut an die Forderung Theodor Adorno aus seinem Buch Erziehung nach Ausschwitz.

Das Leid der Menschen kann und darf uns nicht unberührt lassen. Wir sollten es achten, so Reinhard Müller in seinem Kommentar Das Leid des anderen achten auf FAZ v. 9.11.2023. Er ist zudem der Meinung, dass wir angesichts der denkwürdigen und vielschichtigen Ereignisse des historischen Datums des 9. November (Ausruf der Republik, Marsch auf die Feldherrnhalle, die Programnacht, der Fall der Mauer) einen vielfältigen Erfahrungsschatz hätten. Gesinnung kann kein Staat vorschreiben oder einfordern. Er kann und muss aber darauf achten, dass Terror und Gewalt nicht importiert werden und Einwanderung kulturell verkraftbar bleibt".


In diesem Zusammenhang scheint es wichtig zu sein der Frage nachzugehen wie den Hass entstehe. Die Philosophin Hilge Landweer geht in Interview mit Melanie Mühl dieser Frage nach. Im Kollektiv würde der Hass enttabuisiert. Es sei auch leicht ein ganzes Kollektiv zu hassen als einzelnen Personen. Hass ziele dabei auf Vernichtung, ob Menschen dem nicht immer nachgeben. Es gelt die Gefühle zu kontrollieren. Allerdings ei für die Entmenschlichung weniger der Hass als die Verachtung verantwortlich. Um den Antisemitismus unter Muslimen in Deutschland einzudämmen könne Bildung helfen. ""Kenntnisse der Geschichte und insbesondere des Holocaust sind äußerst wichtig, um gegen Antisemitismus vorzugehen". Dazu gehöre auch Gefühle zulassen können, erst einmal annehmen. Nur so könne Hass transformiert werden. Um Gefühle zu verstehen, ist sei es wichtig sich einmal sich den Anlass des Gefühl vor Augen zu führen (Verankerungspunkt). De zweite Aspekt sei die Frage, inwieweit sich das Gefühl auf bestimmte Objekte konzentriere (Verdichtungsbereich). "Bei den feindseligen Gefühlen stehen immer Personen im Focus

Verdichtungsereich. Hass ist gekennzeichnet durch eine blinde Fixierung auf die gehasste

Personengruppe – die Frage danach, woher der Hass kommt, wird gar nicht mehr gestellt

und verblasst irgendwann".

Frieden kann demnach nur erreicht werden, wenn es Möglichkeiten zu Verhandlungen gibt. Daran wird offensichtlich im Hintergrund gearbeitet. In einem Artikel auf ZEIT ONLINE berichtet Lea Frehse über die Hoff­nung auf die pa­läs­ti­nen­si­sche Füh­rung im West­jor­dan­land. [Auf der Su­che nach ei­ner Zu­kunft ]. Vielleicht gibt des doch irgendwann einen Frieden, oder zumindest ein gewaltfreien Zusammenleben auf dem Boden einer gemeinsamen Geschichte.

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ANMERKUNGEN

  1. Vgl. dazu "Sie haben auf uns geschossen wie auf Enten, eine Rekonstruktion auf ZEIT ONLINE v. 30. Oktober 2023. Siehe auch Livia Gerster, Als ob sich ein leerer Raum um einen bildete, ZEIT ONLINE vom 711.2023

  2. Über Leben in Gaza, auf ZEIT ONLIN E v. 1. November 2023. Über das (Über-)leben in einem Land, das seit Jahren unter Kriegsbedingungen lebt. "Gaza ist kein Land, das plötzlich in den Krieg gestürzt wurde und deshalb Hilfe braucht. In Gaza herrschen seit mehr als 16 Jahren Kriegsbedingungen, mal wird mehr, mal weniger gekämpft. Mit der Machtübernahme der Hamas wird der Küstenstreifen durch Israel abgeschottet. Die Wirtschaft ist eingebrochen, Gaza abhängig geworden von internationaler Hilfe. Schon vor diesem neuen Krieg überlebten in Gaza der überwiegende Teil der Bevölkerung nur dank humanitärer Hilfe". Die Hamas würde politisch in Gaza herrschen.

  3. "Wir wollen uns nicht verstecken", Interview mit dem jüdischen Unternehmer Daniel Sheffer, auf ZEIT ONLINE v. 14. Oktober 2023. "Weggucken bei Judenhass oder sich dafür nicht verantwortlich fühlen, darf es in Deutschland nicht mehr geben".

  4. Nina Monecke, "Der Nahostkonflikt ist für Islamisten ein Jackpot". auf ZEIT ONLINE v. 7.November 2023. IS-Symbole, Kalifatsparolen: In Essen demonstrierten islamistische Akteure ihre Macht, sagt der Experte Eren Güvercin. Die Veranstalter müssten sich klarer abgrenzen. Siehe auch: Wie die Hamas die eigene Bevölkerung als Schutzschild missbraucht „Hamas wird die Geiseln nutzen“

  5. Ähnliche Aussagen haben Claus Eurich, Franz Alt, der Dalai Lama und viele anderen gemacht. Es gehe um eine Ethik des Nicht-Verletzens für einen nachhaltigen Frieden. Eugen Drewermann erinnert dabei immer wieder in seinem Beiträgen auf Youtube an die Botschaft des Juden aus dem Dorf Nazareth

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