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Chris Griesshaber

KLIMA AKTIVISMUS: ÜBER DEN ZIVILEN UNGEHORSAM - Update

Aktualisiert: 1. Dez.

Zeitartikel
Seid Sand nicht Öl im Getrieben der Welt (Günter Eich)
  • „Empörung über Straßenblockierer“. (SZ v. 1. November 2022)

  • "Letzte Generation": Neue Blockaden in Berlin“. Berliner Morgenpost v. 1. November 2022

  • „Entstehung einer Klima-RAF muss verhindert werden“. ( Alexander Dobrindt am 6.11.2022

  • Haben Klima-Rebellen Mitschuld an Tod von Berliner Radlerin (†44)? (Tag24 v. 1.11.2022

  • Justizminister prüft härteres Vorgehen gegen Klimaproteste, v. NWZ, 14.11.2022

So oder ähnlich lauten einige der Schlagzeilen nach dem Unfalltod einer Radfahrerin, die von einem Betonmischer überfahren wurde und später im Krankenhaus starb. Schuld sei eine Sitzblockade auf der Berliner Stadtautobahn A100 von Klimaaktivisten „Letzte Generation“. Der Rettungswagen sei ca. 8 Minuten zu spät am Unfallort angekommen.

Immer wieder wird heftig darüber diskutieren, ob die extremen Aktionen z.B der Letzten Generation der Sache dienen oder schaden. (S. dazu mein Beitrag vom 14.11.2022) Im Interview mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann, antworte er auf die Frage, ob sich seine Kritik auch auf Aktionen von Fridays fur Future bezögen: "„Schule schwänzen für den Klimaschutz: Das kann’s wirklich nicht sein, wenn man da mal drüber nachdenkt. Wenn wir erfolgreich gegen den Klimawandel kämpfen wollen, geht das nur mit Kreativität und Wissen. Dass die Schule zu schwänzen ein Mittel gegen den Klimawandel sein soll, ist ein schwerwiegender Irrtum.“

Dass die Schule zu schwänzen ein Mittel gegen den Klimawandel sein soll, ist ein schwerwiegender Irrtum.“

Ich erinnere mich an heftige Diskussionen im Kollegium meiner Schule zu Beginn der Freitagsdemonstrationen von Fridays for Future, ob wir Schüler: innen vom Unterricht freistellen sollen, damit sie an den Freitagsdemonstrationen teilnehmen können. Als meine Klasse mich fragte, ob sie zur Demo in Göppingen gehen dürfte, lehnte ich das selbstverständlich ab, aus dem einfachen Grund, dass es keinen einfachen Freischein geben darf.

Dementsprechend kritisierte Politiker:innen, u.a. auch Christian Linder, dass man Schulschwänzen nicht tolerieren dürfe. Lehrer:innen sollten doch im Unterricht Umweltschutz, Klimawandel durch Erderwärmung zum Thema machen, so u.a die damalige baden-württembergische Kultusministerin Susanne Eisenmann in der Schorndorfer Zeitung vom 27. Februar 2019. "Bei allem Verständnis für das berechtigte Anliegen der Schüler kann es natürlich trotzdem nicht sein, dass der Unterricht dauerhaft freitags ausfällt", so Eisenmann. Und weiter wird die Kultusministerin zitiert, dass Pädagogen bereits pragmatische Lösungen gefunden [hätten], um mit dem Fernbleiben der Schüler umzugehen, "...Vorbildlich sei etwa die Idee eines Lehrers, seine Schüler einen Aufsatz über das Spannungsfeld von Rechten und Pflichten schreiben zu lassen.""[siehe Freitagsdemonstrationen: Schüler setzen sich für eine bessere Umweltpolitik ein vom 12. März 2019). In jenen Tagen behandelten wir das Lehrplanthema "Gewissen und Nornen". Was für ein glücklicher Zufall, dass wir die Bedeutung von Gewissenentscheidungen hautnah miterleben durften.

Welche Aufgabe hat denn Schule? Mein Verständnis von Schule und Unterricht, dass es um in der schulischen Erziehung und Bildung immer darum gehen soll, jungen Menschen zu helfen, damit sie zu mündigen und reifen Bürger:innen werden können, die verantwortungsvoll und kritisch zum Wachstum der Gesellschaft beitragen können. Vgl. Adorno Erziehung zru Mündigkeit. "Grade klare Menschen wär’n ein schönes Ziel Leute ohne Rückgrat hab’n wir schon zuviel", singt Bettina Wegener in ihrem Lied Kinder. Schüler:innen dürften nicht an der Entwicklung von Urteilsfähigkeit gehindert werden dürfen, "sondern ebendiese entwickeln müssen, um die vorhandenen Kontroversitäten in Wissenschaft und Gesellschaft entsprechend einordnen zu können, ist wesentlich." (S. dazu auch Beutelsbacher Konsens)

Erst der Mensch, dann der Untertan

Die Tradition des zivilen Ungehorsams hat eine lange Tradition. Man erinnere sich an die zahlreichen Sitzblockaden gegen Atomare Waffen in 1980iger Jahren. Schon 1848 schrieb der Dichter Henry David Thoreau: "There will never be a really free and enlightened state until the state comes to recognize the individual as a higher and independent power, from which all its own power and authority are derived.” (Thoreau) Thoreau weigerte sich Steuer an den Staat zu zahlen, weil er den Krieg gegen Mexiko nicht finanzieren wollte und ging dafür auch in Gefängnis. Maßgeblich hatte er sowohl Mahatma Gandhi als auch Martin Luther King beeinflusst. Ohne diese Denker hätte es auch keine aktive Friedensbewegung vor allem in den frühen 80iger Jahres des letzten Jahrhunderts gegen den Atomaren Rüstungswettlauf gegeben.

Keiner stellt in Frage, dass Aktionen zivilen Ungehorsams Konsequenzen nach sich ziehen. Der Beitrag "Klimaaktivisten seien bereit ins Gefängnis zu gehen" (Vgl. Welt Nachrichtensender), dass junge Menschen bereit seien die Konsequenzen ihres Handelns zu tragen.

Wie können wir "grade Menschen" erziehen, wenn wir Jugendlichen nicht auch Erfahrungen zu sammeln und gehen Missstände zu rebellieren. Nichts anderes als Sorge um die Zukunft unserer Erde angesichts wachsender Zerstörung und Umweltkatastrophen treibt diese Jugendlichen an. Letztendlich es auch um die Gewissenfreiheit des Einzelnen und nicht um Anpassung.



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