In letzter Zeit fällt es mir zunehmend schwerer den Berichterstattung in den Medien zu verfolgen. Nach dem Einmarsch russischen Truppen in die Ukraine im Februar 2021war ich genauso entsetzt wie vielen andere. Die Politiker Europa und den USA stellten sich vorbehaltlos an die Seite der Ukraine. Nach anfänglichen Zögern lieferte auch Deutschland immer mehr Waffen. Putin war der Aggressor und musste besiegt, auch wegen der Gräueltaten der Armee, der Drohnenangriffe auf Krankenhäuser, Schulen, Kindergärten, und natürlich die Massaker. Butscha, Es hieß Deutschland hätte Putin zu lange vertraut, vor allem aus wirtschaftlichen Gründen. War das wirklich so? D
Am Freitag, dem 09.0923, überschrieb Konrad Schuler seinen Artikel auf FAZNET.de Artikel Will Selensyj verhandeln? Er könne sich vorstellen die Halbinsel Krim zu entmilitarisieren. Damit habe Selenskyj de facto Putin Verhandlungen angeboten. Ein erster Schimmer für Gespräche?
Ein zweiter Bericht erschien heute, den 11. 9.2023, am Jahrestag von 9/11, ebenfalls auf Faznet, Titel: "Putin will die Menschen brechen." Laut Außenministerin Annalena Baerbock werde man die Ukraine in allen Bereichen unterstützen.
Aufgrund des Ukrainekriegs erinnerte ich mich an die Friedensbewegung während der Endphase der Kalten Krieges angesichts der atomaren Bedrohung durch Mittelstreckenraketen im Jahre 1983. Das Motto war "Schwerter" zu Pflugscharen" (jes 2,4). Ich stand damals wie so viele junge Menschen in der Menschenkette von Stuttgart bis Ulm. Wie es damals ausging ist bekannt - Präsident Gorbatschow und Reagan trafen sich und unterzeichneten 1987 den INF-Vertrag, letztlich das Ende des Kalten Krieges.
In einem seiner Podcast widerspricht der Karriereberater Martin Wehrle dieser Auffassung. Als Beispiel erwähnt er einen Bericht über ein Ereignis, welches sich in der kleinen Stadt Slawutytsch. Russische Soldaten kamen in die Stadt, setzen den Bürgermeister fest und wollten die Häuser nach Waffen untersuchen. Was machten die Einwohner? Sie ging singend und freundlich gestimmt auf die Soldaten zu und sprachen mit ihnen. Ergebnis: die Bürgermeister wurde freigelassen, die Häuser friedlich nach Waffen durchsucht - es wurde keine gefunden - und die Soldaten zogen wieder ab. Kein Schuss war gefallen. Für Martin Wehrle dieses Verhalten beispielhaft für den Versuchen endlich zu verhandeln. Was vermutlich geschehen wäre, hätten die Einwohner zu den Waffen gegriffen, kann man sich unschwer denken.
Eine ehemalige Kollegin und Religionslehrerin berichtet von einem Schüler, einem großer und kräftiger junger Mann, etwa 20 Jahre alt, der ihr den Zutritt ins Klassenzimmertür verwehrte mit den "Hier kommen Sie nicht rein Wir wollen keinen Religionsunterricht. Ich bin vorbestraft wegen Körperverletzung". Wie hätte ich mich in dieser Situation verhalten? Vermutlich ziemlich autoritär, was die bereits angespannte Situation durch den Provokation des Schüler noch verstärkt hätte.
Was tat sie? Sie schaute ihm in die Augen und uns sagte: "Das kann ich Ihnen nicht glauben! Ein Mann mit so wunderschönen Augen kann nicht gewalttätig sein. Sie erzählte mir, sie beide sich schweigend angesehen hätte. Dann habe der Schüler ihr die Tasche abgenommen erstarrte, stellte sie auf den Pult und schwieg die gesamte Schulstunde. Erst im Nachhinein habe sie vom Klassenlehrer und Abteilungsleiter erfahren, dass dieser Schüler in der Tat einen Ruf als Gewalttäter hatte. Am Schuljahres Ende überreichte der Schule meiner Kollegin ein Strauß Blumen mit den Worten: "Sie haben mir erstmalig das Gefühl gegeben, dass ich kein gewalttätigen Monster, sondern ein Mensch bin." Ich hatte einmal mit einer Klasse ein ähnliches Erlebnis. Im Religionsunterricht herrschte immer eine offene und wertschätzende Atmosphäre, sowohl zwischen mir und den Schülerinnen als auch untereinander. Einmal sagte sie ich sei der einzige Lehrer, der sie ernst nehme und sie nicht wie eine Nummer behandelte. Ob das der Wahrheit entsprach, wusste ich nicht, aber ich spürte, dass sie sich so fühlte. In der Halbjahresinformation bei jeder Schülerin die Note EINS, was meine Kolleg:innen damals nicht gut fanden. Ich hatte die Leistungsbeurteilung benutzt, um den Schülerinnen zu zeigen, dass ich sie mag und dass sie es wert seien. Für mich war das ein Zeichen des Reich Gottes im Kleinen. Im Gegensatz zu einigen Kollegen hatten die Schüler das verstanden. Am Schuljahres Ende bekamen dann "richtige" Noten.
Wenn solche Konflikte im Kleinen, allein durch eine menschliche, wertschätzende und wohlwollende Geste Menschen verwandeln können, warum ist es dann so schwierig, das auch im Großen zu versuchen - den anderen nicht als Feind, auch wenn er schlimme Dinge tut, sondern in erster Linie als Mensch sehen? Ich glaube, dass Martin Wehrle genau darauf hinweisen wollte. Ist Putin ein Killer, eine Bestie oder ein Mensch, oder beides?. Vielleicht. Wer kann das außer Gott beurteilen, ich nicht, auch wenn ich selbst auch solche Gefühle hege. Aber Gefühle wie Wut, Hass oder Angst, so verständliche sie sind, sollten nie Grundlage für vernünftige und gerechte Entscheidungen sein, wie man z.B. an der Todesstrafe in den USA sieht. Sie ist in meinen Augen immer noch geprägt von archaischen Rachegefühlen?
Trifft das auch auf den Ukraine Krieg zu? Handelt Putin rachsüchtig, irrational und gekrängt oder aus Angst? Handeln die USA aus Angst vor dem Kommunismus (sie den Bau der Atombombe im aktuellen Oppenheimer Film? (siehe Beitrag vom ....). (Ich weiß es nicht.
Jedenfalls könnten man das annehmen, dass Martin Wehrle da genau so sieht. Nicht bezieht er sich auf Präsident J.F. Kennedy. Er könnte das Vorbild sein für eine friedliche Lösung. Als die Welt während der Kubakrise vor dem Ausbruch eines dritten Weltkriegs stand. Man erinnere sich, die USA hatte Raketen in der Türkei stationiert. Als Reaktion stationierte die Sowjetunion ihrerseits Raketen auf Kuba. Kennedys Lösung : Er holte die Raketen zurück, und in der Folge taten das auch die Sowjets.
In seiner bewegenden Friedensrede 1963 In seiner Friedensrede sagte er u.a.: "I speak of peace, therefore, as the necessary rational end of rational men. I realize that the pursuit of peace is not as dramatic as the pursuit of war - and frequently the words of the pursuer fall on deaf ears. But we have no more urgent task." Und weiter: "Too many
of us think it is impossible. Too many think it unreal. But that is a dangerous, defeatist belief. It leads to the conclusion that war is inevitable - that mankind is doomed - that we are gripped by forces we cannot control. We need not accept that view. Our problems are manmade - therefore, they can be solved by man. Wie sich die Ereignisse doch ähneln. Damals haben die USA Russland bedroht, und heute bedroht Russland die Ukraine und den ganzen Westen. Aber vielleicht ist doch nicht so einfach? Vielleicht fühlte sich Putin und damit Russland auch bedroht, z.B. durch die Nato Osterweiterung?
Als Beweis verweist Wehrle auf die Aussagen des US Generals a.D. Keith Kellog vor dem Streitkräfteausschuss des Senate Kellogg sagte (siehe Video) der Krieg in der Ukraine werde nur benutzt, um Russland ohne Verluste zu besiegen. Dieses Vorgehen sei der Gipfel der Professionalität, so Kellogg.
Vielleicht sollte man sich angesichts der zahlreichen Toten auf beiden Seite an den Song "The Russians - and the Ukrainians too von Sting aus dem Jahre 1985 erinnern. Denn die auf beiden Seiten getöteten Soldaten habe alle Mütter und Väter, die ihre Söhne und Töchtern im 2. Weltkrieg verloren haben.
Comments